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EXP:Das Newton'sche Grundgesetz

Aus Physik und ihre Didaktik Wiki


Mit diesem Experiment soll das zweite Newtonsche Axiom

plausibilisiert werden. Für diesen Versuch verwendet wir eine Luftkissenbahn mit einem Wagen, der über eine Schnur und eine Umlenkrolle von einem Massestück gleichmäßig beschleunigt wird. Die Strecke zwischen den beiden Lichtschranken wird auf einen konstanten Abstand von m eingestellt. Auf dem Wagen befindet sich eine Fahne mit einem konstanten Durchmesser von cm. Diese wird verwendet um innerhalb einer Lichtschranke die Geschwindigkeit des Wagens bestimmen zu können.

Theoretische Zusammenfassung

Das zweite newtonsche Axiom besagt, dass eine Kraft als Ursache einer zeitlichen Impulsänderung betrachtet werden kann:

Ist die Masse zeitlich konstant, so kann das zweite newtonsche Axiom geschrieben werden als:

Bei diesem Experiment wird ein Wagen mit der Masse mithilfe eines zweiten Massestücks konstant beschleunigt. Das zweite Massestück befindet sich dabei im freien Fall und es wirkt so die Gewichtskraft . Mithilfe dieser Gewichtskraft werden sowohl der Wagen als auch das zweite Massestück beschleunigt. Für die beschleunigende Kraft gilt also:

Für diesen Versuch wird das Kräftegleichgewicht dieser beiden Kräfte angenommen. Es gilt dann beispielsweise für die Beschleunigung:

Um die Beschleunigung im Experiment bestimmen zu können werden an zwei Stellen Lichtschranken verwendet. Diese werden mit einem Abstand von konstanten Abstand von m aufgestellt. Auf dem Wagen ist eine cm breite Fahne verbaut. Fährt die Fahne durch die Lichtschranke kann mithilfe der gemessenen Zeit , die sich die Fahne in der Lichtschranke befindet, die Durchschnittsgeschwindigkeit in der Lichtschranke bestimmt werden:

Mithilfe der Zeit , die der Wagen für die Strecke zwischen den beiden Lichtschranken benötigt, kann dann mit:

die Beschleunigung berechnet werden.

Gesamter Versuchsaufbau zum zweiten Newtonschen Axiom.
Allgemein
Klassenstufe Klasse 9/10
Kategorie Mechanik: Dynamik
Einordnung in den Bildungsplan von BW Kapitel, Abschnitt 3.3.5.2 (2)
Klassifikation
Quantitativ/Qualitativ Quantitativ
Demo-/Schülerexperiment Demonstrationsexperiment
Unterrichtsphase Erarbeitungsphase
Einzelversuch/Versuchsreihe Versuchsreihe ( und )

Didaktischer Rahmen

Fachdidaktische Zielsetzung

Die Schülerinnen und Schüler (SuS) sollen bei diesem Experiment die Gesetzmäßigkeit hinter einer beschleunigenden Kraft erkennen und verinnerlichen. Dazu liegt hier der Fokus auf dem Entnehmen von Messdaten aus einer Tabelle und dem Entwickeln von Gleichungen aus proportionalen Zusammenhängen innerhalb der Auswertung.

Nötige Vorkenntnisse

Aus den Klassen 7/8 sollten den SuS die Begriffe Zeitpunkt, Ort, Richtung und Geschwindigkeit bekannt sein. Die Formel für die Geschwindigkeit wurde dort ebenfalls behandelt und sie kennen die Geschwindigkeit als vektorielle Größe. Ebenfalls aus den Klassen 7/8 kennen die SuS die Begriffe Masse, Kraft, Gewichtskraft mit , Ortsfaktor, resultierende Kraft und das Kräftegleichgewicht.

Aus dem vorangegangenen Unterricht der Klassen 9/10 kennen die SuS die gleichförmige und die gleichmäßig beschleunigte Bewegung. Sie kennen die Geschwindigkeit als Änderungsrate des Ortes und die Beschleunigung als Änderungsrate der Geschwindigkeit mit . Die Formel für die zurückgelegte Strecke aus der Ruhe heraus und für die Geschwindigkeit aus der Ruhe heraus bei einer Bewegung mit konstanter Beschleunigung wurden behandelt. Der Impuls mit , die Impulserhaltung und die Kraft als zeitliche Änderung des Impulses mit wurden grundlegend behandelt.

Im Mathematikunterricht ist die Änderungsrate ein großes Thema in den Klassen 9/10. Die Funktionsweise einer festen Umlenkkrolle sollte außerdem bekannt sein.

Mögliche Schülerschwierigkeiten

  • Das Ablesen des Maßbandes auf der Luftkissenbahn ist für die SuS nicht möglich. Es ist daher sinnvoll einen weiteren Meterstab fur die SuS gut sichtbar zu verwenden. Markierer für die Positionen der Lichtschranken sind zusätzlich sinnvoll.
  • Das Herunterfallen des Massestücks ist, falls es neben dem Versuchstisch herunterfällt, für die SuS nicht zu erkennen. Es ist daher sinnvoll über mehrere Umlenkrollen den Faden nach oben umzulenken und das Massestück von weiter oben herunter fallen zu lassen.
  • Dass bei der Luftkissenbahn Luft aus kleinen Löchern gepustet wird um die Reibung zu verringern ist für die SuS nicht zu erkennen. Es bietet sich deshalb an vor Beginn des Versuchs etwas Watte oder Ähnliches über dem Luftstrom tanzen zu lassen.

Schülervorstellungen, die hier relevant werden

Den SuS wird im Unterricht die grundlegende Bedeutung von meist nicht bewusst. Sie lernen diesen Zusammenhang neben anderen Zusammenhängen wie und kennen und stellen diese auf eine Stufe. Für die SuS kann an dieser Stelle hilfreich sein, wenn man das Axiom in bzw. umformuliert. Daraus wird klarer, dass die resultierende Kraft über einen gewissen Zeitraum wirken muss.

Die meisten SuS vereinen Kraft, Energie, Wucht und Schwung unter einem gemeinsamen Konzept. Mit der Gleichung können die SuS dennoch umgehen, auch wenn ihnen nicht klar ist, dass sich die physikalische Kraft und die Kraft aus der Alltagssprache grundlegend unterscheiden. Das wird dann relevant, wenn die SuS Situationen aus ihrem Alltag mit viel und weniger Kraft beschreiben sollen. Hierbei muss strikt auf die Unterscheidung zwischen Kraft, Energie und Impuls geachtet werden.[1]

Versuchsanleitung

Benötigtes Material

  • Luftkissenbahn mit Gebläse und Schlauch,
  • Labornetzgerät (0 - 30 V; 0 - 10 A) für den Elektromagneten
  • Zwei Banenenkabel
  • Luftkissenbahnzubehör: Federn, Massestücke, Faden, Umlenkrollen, Luftkissenfahrzeugstopper, Stative, Luftkissenfahrzeug und Elektromagnet mit Adapter für Bananenstecker
  • Zwei Lichtschranken (Pasco) mit Stativ, Fußplatte, Verbindungskabel
  • Tablet zur Aufzeichnung der Messdaten
  • Waage zum Wiegen der benötigten Massestücke

Versuchsaufbau

Schritt 1
Zunächst wird die Luftkissenbahn aufgebaut. Der Schlauch wird an einem Ende an das Gebläse und am anderen Ende an die Luftkissenbahn angeschlossen.
Schritt 2
Anschließend wird am linken Ende der Luftkissenbahn der Elektromagnet montiert und mit dem Gleichstromnetzgerät und den zwei Bananenkabeln mit Strom versorgt.
Schritt 3
Nun wird das Luftkissenfahrzeug vorbereitet. Am linken Ende des Fahrzeugs wird ein Metallwürfel so positioniert, sodass er am Elektromagnet der Luftkissenbahn direkt anliegt. Am rechten Ende wird ein Haken befestigt, womit das Fahrzeug über einen Faden beschleunigt wird. In der Mitte des Fahrzeugs wird ein kleines Stativ platziert, das dazu dient später die Lichtschranken auszulösen und im Verlauf des Experiments Massen zu platzieren oder zu entfernen, um das Gesamtgewicht zu erhöhen bzw. zu verringern. Um den Aufprall des Fahrzeugs zu dämpfen sollte außerdem eine Feder am vorderen Ende befestigt werden. Bevor das Fahrzeug auf der Luftkissenbahn platziert wird, sollte mit einer Waage die Masse des Fahrzeugs gemessen werden und notiert werden.
Schritt 4
Um das Fahrzeug zu beschleunigen wird am rechten Ende eine Umlenkrolle befestigt. Ein Faden wird am Wagen befestigt und über die Umlenkrolle geführt. Daran ist ein Massestück befestigt. Damit das Fahrzeug sich vor Gebrauch nicht anfängt zu bewegen, wird der Elektromagnet in Betrieb genommen, womit das Fahrzeug fixiert wird.
Schritt 5
Für die Datenaufnahme müssen zwei Lichtschranken in beliebigen Abstand platziert werden (hier: 1 m). Dabei ist darauf zu achten, dass der Fallweg der Masse größer als der Abstand zwischen den beiden Lichtschranken ist. Gegebenenfalls muss ein Stativ mit einer weiteren Umlenkrolle genutzt werden, um den Fallweg und so die Beschleunigungsstrecke zu erhöhen. Die Lichtschranken werden mit einem Kabel miteinander verbunden und via Bluetooth mit dem Tablet gekoppelt. Es sollte drauf geachtet werden, dass die Lichtschranken ausreichend geladen sind.
Aufbau einer Lichtschranke an der Luftkissenbahn.
Aufbau der Umlenkrolle am Ende der Luftkissenbahn.

Versuchsdurchführung

Untersuchtung von

Im ersten Versuchsteil verändern wir schrittweise (um 5 g) die Gesamtmasse aus der Masse des Wagens und der Masse zur Beschleunigung ohne dabei die beschleunigende Gewichtskraft zu verändern. Dazu müssen Massstücke auf dem Wagen platziert werden. Mithilfe der beiden Lichtschranken werden dann die beiden Zeiten und des Wagens innerhalb der Lichtschranken gemessen. Die Zeit gibt die Zeit zwischen diesen beiden Lichtschranken an. Um das Experiment zu starten muss der Elektromagnet ausgeschaltet werden. Aus dem so entstandenen v-t-Diagramm kann kann die Beschleunigung als Steigung der Ursprungsgeraden für die verschiedenen Gesamtmassen bestimmt werden.

Hinweis

Es ist darauf zu achten, dass das Fahrzeug nach Passieren der zweiten Lichtschranke manuell gestoppt werden sollte, da nach dem Aufprall des Fahrzeugs mit dem Ende der Bahn, das Fahrzeug sich in die entgegengesetze Richtung bewegt und so die Lichtschranke erneut auslösen wird! Außerdem sollte nicht vergessen werden die Zeitmessung nach einem Messungsdurchlauf zu resetten.

Untersuchung von

Im zweiten Versuchsteil verändern wir nun schrittweise (um 5 g) die beschleunigende Gewichtskraft und bestimmen die Beschleunigung des Wagens wie im ersten Versuchsteil. Es muss darauf geachtet werden, dass dabei die Gesamtmasse aus der Masse des Wagens und der Masse zur Beschleunigung nicht verändert wird. Die zusätzlichen Massestücke müssen also vom Wagen heruntergenommen und zur beschleunigenden Masse hinzugefügt werden.

Auswertung

Untersuchtung von

Der Wagen hat eine Ausgangsmasse von g. Die beiden Lichtschranken haben einen konstanten Abstand von m. Die Fahne hat eine Breite von cm. Damit ergeben sich die folgenden Messwerte:

Gemessene Zeiten .
in N in kg in kg in s in s in s in m/s in m/s in m/s in m/s² in N
1 4,91 0,128 0,005 0,05 0,01 2,59 0,2 1 0,8 0,309 0,041
2 4,91 0,133 0,005 0,05 0,01 2,65 0,2 1 0,8 0,302 0,042
3 4,91 0,138 0,005 0,05 0,02 2,74 0,2 0,5 0,3 0,109 0,016
4 4,91 0,143 0,005 0,06 0,02 2,77 0,17 0,5 0,33 0,120 0,018

Es ist zu erkennen, dass nahezu konstant bleibt. Damit ergibt sich ein proportionaler Zusammenhang zwischen a und 1/m.

Untersuchtung von

Der Wagen hat eine Ausgangsmasse von g. Die beiden Lichtschranken haben einen konstanten Abstand von m. Die Fahne hat eine Breite von cm bzw. cm. Damit ergeben sich die folgenden Messwerte:

Breite der Fahne von cm.
in kg in kg in N in s in s in s in m/s in m/s in m/s in m/s² in kg
1 0,1686 0,007 6,867 0,0374 0,0127 1,2673 0,267 0,787 0,52 0,411 0,167
2 0,1686 0,012 11,772 0,0282 0,0096 0,9533 0,355 1,042 0,687 0,721 0,163
3 0,1686 0,017 16,677 0,0237 0,0080 0,7984 0,4219 1,25 0,8281 1,037 0,161
4 0,1686 0,023 22,563 0,0204 0,0065 0,6860 0,490 1,471 0,981 1,43 0,158
Breite der Fahne von cm.
in kg in kg in N in s in s in s in m/s in m/s in m/s in m/s² in kg
1 0,1686 0,007 6,867 0,11 0,05 1,09 0,26 0,64 0,38 0,345 0,199
2 0,1686 0,012 11,772 0,1427 0,0589 1,3687 (?) 0,210 0,509 0,299 0,218 0,540 (?)
3 0,1686 0,017 16,677 0,0702 0,0292 0,6763 0,427 1,027 0,600 0,887 0,188
4 0,1686 0,023 22,563 0,0609 0,0251 0,5861 0,4926 1,195 0,7024 1,1988 0,188

Es ist zu erkennen, dass nahezu konstant bleibt. Damit ergibt sich ein proportionaler Zusammenhang zwischen a und F.

Fehlerabschätzung

Ein Teil der Bewegungsenergie des Wagens geht in die Rotationsenergie der Umlenkrolle über. Diese berechnet sich mit der Formel:

Wir nehmen die Umlenkrolle als eine Schibe an mit dem Trägheitsmoment . Dabei hat die Scheibe eine Masse von g und einen Radius von cm. Wir gehen hier davon aus, dass sich der Faden auf dem äußersten Rand der Scheibe befindet. Mit einer maximalen Geschwindigkeit des Wagens von m/s ergibt sich eine maximale Rotationsenergie der Umlenkrolle von:

Die maximal zur Verfügung stehende potentielle Energie ergibt sich mit einer maximalen beschleunigenden Masse von g und einer maximalen Fallhöhe von m zu:

Damit werden 7,38% der Potentiellen Energie in Rotationsenergie umgewandelt. Da die Rotationsenergie von der Geschwindigkeit abhängig ist, erklärt dies auch den mit steigender Geschwindigkeit ansteigenden bzw. abnehmenden Proportionalitätsfaktor.

Mögliche Probleme und ihre Lösungen

  • Es muss auf die Wahl des korrekten Messbereichs geachtet werden. Die Messauflösung von Geräten zur Digitalen Messwerterfassung stellt sich meist je nach Messbereich anders ein. Das kann zu großen Abweichungen in den aufgenommenen Messdaten führen, da den angezeigten Messdaten dann die nötige Präzission fehlt.

Sicherheitshinweise

Es besteht eine akute Gefährdung durch umkippende Versuchsaufbauten und sich lösende Teile. Besonders gilt hier darauf zu achten, dass der Gleiter der Luftkissenbahn nicht durch das Klassenzimmer fliegt.

Fotos

  • slide 1
        Gesamter Versuchsaufbau zum zweiten Newtonschen Axiom.
    
  • slide 2
         Aufbau einer Lichtschranke an der Luftkissenbahn. 
    
  • slide 3
         Aufbau der Umlenkrolle am Ende der Luftkissenbahn. 
    

Literatur

  1. H. Schecker, T. Wilhelm, M. Hopf, R. Duit (Hrsg.) (2018). Schulervorstellungen und Physikunterricht. Ein Lehrbuch für Studium, Referendariat und Unterrichtspraxis. Berlin: Springer-Verlag GmbH. S. 81.
88x31.png Universität Stuttgart, 5. Physikalisches Institut, AG Physik und ihre Didaktik, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0