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EXP:Flaschenzug

Aus Physik und ihre Didaktik Wiki


Mithilfe eines Flaschenzuges, bestehend aus zwei Flaschen, kann die Einhaltung der Goldenen Regel der Mechanik untersucht werden. Die Goldene Regel der Mechanik wird wie folgt formuliert:

Wenn eine Energie verlustfrei auf einen Körper übertragen wird, dann bleibt das Produkt dabei immer gleich.[1]

Hinweis

Der Begriff der Arbeit, wird im aktuellen Bildungsplan in Baden-Württemberg nicht verwendet. Stattdessen wird von Energieübertragung gesprochen.

Abb.1: Aufbau eines Flaschenzugs bestehend aus zwei losen und zwei festen Rollen. Demonstration der Wegänderung.
Abb.2: Aufbau eines Flaschenzugs bestehend aus zwei losen und zwei festen Rollen. Demonstration der Massenänderung.

Theoretische Zusammenfassung

Mithilfe eines Flaschenzugs soll eine Masse eine Strecke nach oben gezogen werden. Besteht der Flaschenzug im einfachsten Fall nur aus einer befestigten Umlenkrolle, so wird die dafür nötige Kraft mit einem Seil über die Umlenkrolle nur in eine andere Richtung umgeleitet. Der Betracht der benötigten Kraft bleibt konstant. Das Massestück wird um genau die Strecke angehoben, die auch an dem Seil gezogen wird. Die Goldenen Regel der Mechanik als das Produkt aus bleibt also konstant.

Nun wird der Flaschenzug um eine lose Rolle erweitert. Das Seil wird an der Decke befestigt und um ein lose Rolle geführt (Abbildung 1). Es kann eine feste Rolle zur Umlenkung verwendet werden. Das Massestück wird an der losen Rolle befestigt. Die Gewichtskraft, die nun vom Massestück ausgeht kann sich nun auf die beiden Seilstücke aufteilen. Ein Teil der Gewichtskraft wirkt direkt über das Seil an der Decke. Nur die andere Hälfte der Gewichtskraft muss mit dem Zug am Seil kompensiert werden. Auch die Zugkraft um das Massestück anzuheben kann so aufgeteilt werden. Um das Massestück um eine Strecke anzuheben muss nun allerdings das Seil auf beiden Seiten der Umlenkrolle um die entsprechende Länge verkürzt werden. An dem Seil muss nun also für eine Strecke von gezogen werden. Es gilt:

Diese Überlegungen lassen sich für die anderen Bauarten der Flaschenzüge übertragen.

Didaktischer Rahmen

Fachdidaktische Zielsetzung

Mithilfe dieses Experiments soll die Goldene Regel der Mechanik quantitativ erarbeitet werden. Dazu sollen die Schülerinnen und Schüler (SuS) Hypothesen zu gegebenen Fragestellungen formulieren. Innerhalb der Auswertung sollen sie dann aus dem hergeleiteten proportionalen Zusammenhang eine Gleichung entwickeln. Das bestehende Wissen zu Kräften wird dabei angewendet und vertieft.

Nötige Vorkenntnisse

Aus dem Themengebiet der Energie kennen die SuS die Bewegungs- und die Lageenergie und die Prinzipien der Energieumwandlung und der Energieerhaltung. Die Behandlung dieses Themas ist unter Umständen aber bereits eine Weile her, sodass die Begriffe aufgefrischt werden müssen. Sie kennen außerdem aus der Mechanik die Begriffe Strecke, Kraft, Kraftbetrag und Kraftrichtung, Kräfteaddition, Gewichtskraft, Wechselwirkungsprinzip, Kräftegleichgewicht und resultierende Kraft. In Klasse 7 und 8 werden die Inhalte meist rein qualitativ betrachtet. Die Formel dazu kennen die SuS bisher nur von der Gewichtskraft. Technisch betrachtet muss die Funktionsweise eines Federkraftmessers eventuell wiederholt werden.

Hinzu kommen mathematische Vorkenntnisse bis zur Klasse 7. Das schließt das Berechnen von Produkten und Quotienten mit ein.

Mögliche Schülerschwierigkeiten

  • Das Ablesen der Skala eines Federkraftmessers kann fast unmöglich sein um so weiter man von dem Experiment entfernt sitzt. Dem kann mit der richtigen Wahl des Federkraftmessers entgegengewirkt werden.
  • Zu erkennen wo genau der Faden beim Flaschenzug verläuft ist von weiter hinten im Klassenzimmer ebenfalls schwierig. Hier kann die Wahl einer passenden Fadenfarbe und das Anfertigen einer genauen Skizze die Wahrnehmung unterstützen.
  • Das Ablesen einer Strecke an einem einfachen Meterstab kann ebenfalls schwierig sein von einer größeren Entfernung. Um dies zu vereinfachen muss ein passender Meterstab gewählt werden. Zusätzlich können Markierer das Ablesen erleichtern.

Schülervorstellungen, die hier relevant werden

Nach Jung [2] vereinen die SuS die Begriffe Energie, Stärke, Wucht und Schwung unter dem Begriff der Kraft. Für das Verständis der Kraft nach Newton fehlt den SuS allerdings das Verständnis der Wechselwirkung. Das Verständnis der SuS überlappt dabei am ehesten mit der kinetischen Energie. Ob die SuS nun gerlernt haben die Begriffe Energie, Impuls und Kraft zu trennen ist dabei unabhängig von der Fähigkeit mit der Gleichung physikalische Größen zu berechnen.[3] Dieses Verständnis der Äquivalenz aus Kraft und Energie wird genau an dieser Stelle problematisch, da hier diese beiden Konzepte zusammen kommen und in einer Gleichung vereint werden. Die Vorstellung der Äquivalenz kann dadurch noch weiter verstärkt werden.

Als weitere relevante Schülervorstellung kommt hinzu, dass die SuS die Kraft gedanklich an eine Geschwindigkeit koppeln. Damit üben schnellere Gegenstände automatisch auch eine höhere Kraft aus.[4] In diesem Experiment befinden sich allerdings alle Körper in Ruhe und dennoch müssen wirkende Kräfte betrachtet werden. Bei den SuS kann das zu einem Unverständnis führen.

Als letzte relevante Schülervorstellung spielt hier die Vorstellung mit rein, dass immer die stärkere Kraft gewinnt, sollten mehrere Kräfte wirken.[5] Da bei diesem Experiment mehrere Kräfte wirken und somit die resultierende Kraft betrachtet werden muss kann diese Schülervorstellung zu verwirrenden Aussagen führen.

Allgemein
Klassenstufe Klasse 7/8
Kategorie Mechanik, Kräfte
Einordnung in den Bildungsplan von BW Mechanik: Dynamik, Punkt 3.2.7 (9)
Klassifikation
Quantitativ/Qualitativ Quantitativ
Demo-/Schülerexperiment Beides möglich
Unterrichtsphase Vertiefungsphase
Einzelversuch/Versuchsreihe Versuchsreihe
Abb.4: Erklärende Skizze zum Flaschenzug bestehend aus zwei losen Rollen und zwei festen.

Versuchsanleitung

Benötigtes Material

Versuchsaufbau

Ein Flaschenzug besteht aus mindestens einer losen Rolle sowie einem Seil. Die Aufbauskizzen der verschiedenen Flaschenzüge sind in Abbildung 3 rechts dargestellt. Im ersten Bild ist ein einfacher Flaschenzug dargestellt, bei dem das Seil an der Decke befestigt wird und um eine einzelne lose Rolle geführt wird. Das Massestück hängt dabei an der losen Rolle. Dabei stehen hier die aufzuwendende Kraft und die Kraft, die auf das Massestück wirkt im Verhältnis 1:2. Im zweiten Bild ist ein Aufbau dargestellt, bei dem das Seil zunächst um eine feste und dann um eine lose Rolle geführt wird. Wichtig ist hierbei, dass das Seilende an der losen Rolle befestigt wird. Das Kräfteverhältnis beträgt dabei 1:3. Beim Flaschenzug im dritten Bild wird das Seil an einer festen Rolle befestigt und dann im Wechsel um zwei lose und eine feste Rolle geführt. So entsteht ein Kräfteverhältnis von 1:4. Wird nun das Seilende wieder an einer losen Rolle befestigt so erhöht sich das Kräfteverhältnis auf 1:5.

Um nun die Flaschenzüge als Demonstrationsexperimente für den Unterricht aufbauen zu können sollten folgende Tipps beachtet werden:

  • Werden Federkraftmesser verwendet, so ist darauf zu achten, dass die Skala gut zu erkennen ist. Wir haben deshalb die Präzissionskraftmesser der Firma LD Didactic verwendet.
  • Um die Wegänderung deutlich zeigen zu können kann in den Versuch eine zusätzliche externe Umlenkrolle integriert werden. So können Massestücke statt der Federkraftmesser verwendet werden. Mit einem zusätzlichen Meterstab kann so die Wegänderung deutlich gezeigt werden. In der Abbildung 1 ist dieser Aufbau dagestellt.
  • Um die verschiedenen wirkenden Kräfte eindrucksvoll zeigen zu können bietet sich die Verwendung von Federkraftmessern an. Das Verhältnis der wirkenden Kräfte kann so direkt abgelesen werden. In der Abbildung 2 ist dieser Aufbau dagestellt.
  • Der verwendete Faden sollte sich deutlich vom sonstigen Hintergrund abheben.
  • Federkraftmesser können entweder über eine Schraube oder über das Verschieben eines Metallröhrchens geeicht werden. Die Federkraftmesser sollten hier senkrecht hängend geeicht werden.
Abb.3: Darstellung verschiedener Flaschenzüge zu den Kräfteverhältnissen 1:2, 1:3, 1:4 und 1:5.

Versuchsdurchführung

Um das Kräfteverhältnis zeigen zu können wir zunächst der Aufbau aus Abbildung 2 genutzt. Dabei werden nacheinander verschiedene Kombinationen an Massestücken an den unteren Federkraftmesser gehängt. Es wird dann am zweiten Federkraftmesser gezogen, bis sich ein Kräftegleichgewicht einstellt. Die beiden Skalen werden abgelesen und die beiden Kräfte, und , notiert.

Für diese getesteten Kräfteverhältnisse wird dann mithilfe dem geänderten Aufbau in Abbildung 1 das mittelere Massestück durch Zug am zweiten Massestück angehoben. Die beiden zurückgelegten Strecken, und , werden gemessen und notiert.

In einer zuvor vorbereiteten Messwerttabelle können dann in zwei weiteren Spalten die Produkte und berechnet werden.

Auswertung

Für einen Flaschenzug mit einem Kräfteverhältnis von 1:4 ergibt sich folgende Messwerttabelle:

(N) (m) (F) (m) (Nm) (Nm)
2,05 0,025 0,505 0,10 0,051 0,050
2,0 0,1 0,5 0,4 0,2 0,2
0,95 0,08 0,24 0,3 0,076 0,072
0,48 0,065 0,12 0,25 0,0312 0,03

Es ist zu erkennen, dass das Produkt aus und konstant bleibt.

Fehlerabschätzung

  • Beim Ablesen der Strecke am Meterstab entsteht ein Statistischer Fehler: mm
  • Beim Ablesen der Kraft am Federkraftmesser entsteht ein Statistischer Fehler: N
  • Systematischer Fehler durch die Haftreibung der Umlenkrolle an ihrer Aufhängung
  • Systematischer Fehler durch die Haftreibung des Seils auf der Oberfläche der Umlenkrolle

Mögliche Probleme und ihre Lösungen

  • Die beweglichen Umlenkrollen selbst haben auch eine Masse (hier g). Bei der Verwendung von Federkraftmessern müssen deshalb die Federkraftmesser ohne zusätzliche Massestücke geeicht werden. Bei der Verwendung von Massestücken muss diese Masse zusätzlich mit eingerechnet werden.

Sicherheitshinweise

  • Verletzungsgefahr durch umkippende Versuchsaufbauten und sich lösende Teile (z.B. Massestücke).

Fotos

  • slide 1
         Aufbau eines Flaschenzugs bestehend aus zwei losen und zwei festen Rollen. Demonstration der Wegänderung.
    
  • slide 2
         Aufbau eines Flaschenzugs bestehend aus zwei losen und zwei festen Rollen. Demonstration der Massenänderung.
    
  • slide 3
         Darstellung verschiedener Flaschenzüge zu den Kräfteverhältnissen 1:2, 1:3, 1:4 und 1:5.
    
  • slide 4
         Erklärende Skizze zum Flaschenzug bestehend aus zwei losen Rollen und zwei festen. 
    

Literatur

  1. R. Kienle, C.-J. Pardall (Hrsg.) (2016). Universum Physik Band 7/8 Gymnasium Baden-Württemberg. Berlin: Cornelsen Verlag GmbH. S. 194.
  2. Jung, W. (1981): Vorstellungen über Kraft undd Stoß bei Schülern vom 8. bis 11. Schuljahr. In: W. Jung, H. Wiesner, P. Engelhard (Hrsg.): Vorstellungen von Schülern über Begriffe der Newtonschen Mechanik, Bad Salzdetfurth: Franzbecker, S. 63-111
  3. H. Schecker, T. Wilhelm, M. Hopf, R. Duit (Hrsg.) (2018). Schülervorstellungen und Physikunterricht. Ein Lehrbuch für Studium, Referendariat und Unterrichtspraxis. Berlin: Springer-Verlag GmbH. S. 70.
  4. H. Schecker, T. Wilhelm, M. Hopf, R. Duit (Hrsg.) (2018). Schülervorstellungen und Physikunterricht. Ein Lehrbuch für Studium, Referendariat und Unterrichtspraxis. Berlin: Springer-Verlag GmbH. S. 72.
  5. H. Schecker, T. Wilhelm, M. Hopf, R. Duit (Hrsg.) (2018). Schülervorstellungen und Physikunterricht. Ein Lehrbuch für Studium, Referendariat und Unterrichtspraxis. Berlin: Springer-Verlag GmbH. S. 75.
88x31.png Universität Stuttgart, 5. Physikalisches Institut, AG Physik und ihre Didaktik, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0