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EXP:Isobare Ausdehnung von Luft

Aus Physik und ihre Didaktik Wiki


Mit diesem Experiment soll die isobare Ausdehnung von Luft untersucht werden. Dabei kann durch die Schlussforlgerung eines linearen Zusammenhangs zwischen Temperatur und Volumen die Temperatur des absoluten Nullpunkts von -273,15°C hergeleitet werden. Dieser Versuch bietet sich deshalb sehr gut zur Einführung der Kelvin-Skala an.

Abb.1: Kompletter Versuchsaufbau zur Isobaren Ausdehnung von Luft.

Didaktischer Rahmen

Fachdidaktische Zielsetzung

Mit diesem Experiment sollen die Schülerinnen und Schüler (SuS) eine neue Gesetzmäßigkeit erfahren. Sie sollen selbstständig eine Hypothese formulieren und ein Experiment zu ihrer Überprüfung unter Anleitung planen. In der Auswertung soll mithilfe des Teilchenmodells argumentiert werden.

Nötige Vorkenntnisse

Aus den Klassen 7/8 kennen die SuS bereits den Begriff der Energie, der Leistung und des Wirkungsgrads. Speziell für dieses Experiment müssen den SuS das Teilchenmodell und die Begriffe thermische Energie, Temperatur und Dichte bekannt sein. Zusätzlich bringen die SuS theoretisch Wissen aus den Klassen 5/6 aus dem Fach BNT mit. Dieses liegt aber bereits mindestens zwei Jahre zurück. Es kann also eher nicht darauf zurückgegriffen werden.

Mögliche Schülerschwierigkeiten

  • Eine mögliche Schwierigkeit für die SuS könnte hier sein, dass sie nicht erkennen können an welcher Stelle sich Luft und an welcher Stelle sich Wasser befindet. Um den Unterschied besser sichtbar zu machen kann das Wasser mit etwas Tinte eingefärbt werden.

Schülervorstellungen, die hier relevant werden

Eine hier relevante Schülervorstellung ist die, dass Wärme als eine Art Stoff wahrgenommen wird. Ähnlich wie die Kälte werden diese bei einem Wärmetransport als Stoff transportiert. Die Temperatur wird dann als Anzeige dafür verstanden wie viel Wärme bzw. sich in einem Körper befindet. Das Teilchenmodell kennen die SuS in diesem Zusammenhang, nutzen es von sich aus aber nicht [1]. Aus diesem Grund wird im Schulunterricht von thermischer Energie und nicht von Wärme gesprochen und klar von der Temperatur als Zustandsgröße bzw. der Temperaturdifferenz als Ursache für eine thermische Energieübertragung getrennt.

Allgemein
Klassenstufe Klassen 9/10
Kategorie Thermodynamik
Einordnung in den Bildungsplan von BW Wärmelehre, Punkt 3.3.3 (1 & 2)
Klassifikation
Quantitativ/Qualitativ Quantitatives Experiment
Demo-/Schülerexperiment Demonstrationsexperiment
Unterrichtsphase Erarbeitungsphase
Einzelversuch/Versuchsreihe Einzelversuch

Versuchsanleitung

Benötigtes Material

  • 1 Stativstange und Sockel
  • 2 Doppelmuffen
  • 2 Stativklemmen
  • 1 Scheren-Hubtisch
  • 1 Messzylinder (100 ml)
  • 1 Laborschale
  • Silikonschlauch (50 cm, 8 mm Innendurchmesser)
  • 1 Schlauchverbinder
  • 1 Dreifuß mit Keramikdrahtnetz
  • 3 Kerzen und Feuerzeug
  • 1 Glaskolben (100 ml) mit zwei Hälsen (NS 29/32, NS 14/23)
  • 2 Silikonstopfen mit je einem Loch
  • Elektronisches Thermometer

Versuchsaufbau

Schritt 1
In einem ersten Schritt wird das Stativmaterial, wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, aufgebaut.
Schritt 2
Nun werden der Silikonschlauch und das Thermometer mithilfe des Schlauchverbinders und der Silikonstopfen mit den beiden Hälsen des Glaskolben verbunden. Diese Verbindung ist in Abbildung 2 deutlicher zu erkennen. Um zu testen ob diese Verbindung luftdicht ist kann in den Schlauch gepustet werden. Dabei sollte keine Luft entweichen können.
Schritt 3
Nun müssen die Laborschale und der Messzylinder mit Wasser gefüllt werden. Indem der Messzylinder mit einem Stück Karton abgedeckt wird kann dieser dann kopfüber in die Laborschale gestellt werden. Es sollte dabei möglichst kein Wasser aus dem Messzylinder entweichen.
Schritt 4
Nun kann die Laborschale auf dem zuvor platzierten Scheren-Hubtisch platziert werden und der Messzylinder mit einer Laborklemme befestigt werden. Dabei muss der Messzylinder so im Wasserbad platziert werden, dass von außen keine Luft hineindringt und der Rand des Messzylinders dennoch nicht den Boden der Laborschale berührt.
Schritt 5
Nun kann der vorbereitete Glaskolben mithilfe der anderen Stativklemme befestigt werden.
Schritt 6
Unter den Glaskolben werden dann auf einem Dreifuß mit einem Keramikdrahtnetz drei Kerzen platziert. Der Kolben sollte genügend Abstand zu den Kerzen haben, damit diese noch einfach angezündet werden können.
Schritt 7
In einem letzten Schritt muss nun noch das andere Ende des Silikonschlauchs durch das Wasser in der Laborschale in den Messzylinder geführt werden.
Abb.2: Befestigung des Silikonschlauchs und des Thermometers am Glaskolben.

Versuchsdurchführung

Bevor das Experiment gestartet werden kann sollte der Wasserstand am Messzylinder abgelesen werden. Die drei Kerzen können dann angezündet werden. In einem regelmäßigen Abstand von ca. allen 10°C sollte die Temperatur und der Wasserstand abgelesen und in einer Tabelle notiert werden.

Auswertung

Zu Beginn des Versuches muss zunächst das Ausgangsvolumen herleitet werden. Dabei passen in den Glaskolben, ohne die beiden Hälse, insgesamt 140 ml Luft. In den ca. 40 cm langen Schlauch - abzüglich der Befestigung und dem wassergefüllten Teil - mit einem Innenradius von 4 mm passen insgesamt ca. 20 ml. Damit ergibt sich das Ausgangsvolumen zu

Nun kann das Experiment gestartet werden. In Tabelle 1 sind beispielhafte Messwerte notiert. Für die Volumenausdehnung eines Gases gilt:

mit dem Volumen-Ausdehnungskoeffizienten . In Abbildung 3 ist das zugehörige V(T)-Diagramm dargestellt. Die Fitfunktion lautet dabei:

Es ergibt sich also ein Volumen-Ausdehnungskoeffizient von . Wird der Druck konstant gehalten so gilt für alle idealen Gase[2].

Tabelle 1: Beispielhrafte Messwerte
(°C) (ml) (ml)
22,0 0 180
42,8 13,5 193
56,0 21,5 201,5
60,0 23,5 203,5
Abb.3: V(T)-Diagramm zur isobaren Ausdehnung von Luft. Fitfunktion: .

Um nun die Temperatur für den Absoluten Nullpunkt aus unseren Daten zu berechnen zu können muss unsere Fitfunktion mit gleichgesetzt werden. Daraus ergibt sich hier eine Temperatur für den Absoluten Nullpunkt von

Bei einem Literaturwert von -273,15°C[3] ergibt das eine Abweichung von 6,97°C bzw. von 2,5%.

Fehlerabschätzung

  • Das elektronische Thermometer hat eine Auflösung von 0,5 K.
  • Die Anzeige der Temperatur schwankt im Lauf des Experiments. Die Temperatur kann deshalb nur auf 1 K genau bestimmt werden.
  • Das Volumen des im Messzylinder verdrängten Wassers kann nur auf 0,25 ml genau bestimmt werden.
  • Durch die schlechte Isolierung des Glaskolbens und des Schlauchs und die große Overfläche des Schlauchs kann die erwärmte Luft viel thermische Energie an die Umgebung abgeben. Die Luft hat demnach nicht überall die gleiche Temperatur.

Mögliche Probleme und ihre Lösungen

  • Beim Einführen des Schlauchs in den Messzylinder kann Luft in den Messzylinder geraten. Es ist deshalb sinnvoll zuvor etwas Wasser in den Schlauch zu leiten.
  • Wird der Versuch zu langsam durchgeführt dann kann sich der Aufbau während dem Vorgang durch den Austausch mit der Umgebung abkühlen. Um diese Fehlerursache zu verringern muss der Versuch recht zügig durchgeführt werden. Die Verwendung von drei Kerzen erwies sich deshalb als sinnvoll.

Sicherheitshinweise

  • Bei diesem Experiment wird mit offenem Feuer gearbeitet. Es besteht also die Gefahr der Verbrennung.
  • Das Glas kann bei der Erhitzung sehr heiß werden und kann dann zerbrechen. Es besteht die Gefährdung durch zerbrochenes Glas.

Fotos

  • slide 1
        Abb.1: Kompletter Versuchsaufbau zur Isobaren Ausdehnung von Luft.
    
  • slide 2
         Abb.2: Befestigung des Silikonschlauchs und des Thermometers am Glaskolben.
    
  • slide 3
         Abb.3: V(T)-Diagramm zur isobaren Ausdehnung von Luft. Fitfunktion: .
    

Literatur

  1. H. Schecker, T. Wilhelm, M. Hopf, R. Duit (Hrsg.) (2018). Schülervorstellungen und Physikunterricht. Ein Lehrbuch für Studium, Referendariat und Unterrichtspraxis. Berlin: Springer-Verlag GmbH. S. 149 f.
  2. Hans Joachim Eichler et al. (Hrsg.)(2016). Das neue Physikalische Grundpraktikum. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag GmbH. S. 115.
  3. Pschyrembel Online (2022). Walter de Gruyter GmbH. Url: https://www.pschyrembel.de/Absoluter%20nullounkt/K0FHL/doc/
88x31.png Universität Stuttgart, 5. Physikalisches Institut, AG Physik und ihre Didaktik, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0