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EXP:Mündungskorrektur

Aus Physik und ihre Didaktik Wiki


Mithilfe eines Experiments soll die Längenunabhängigkeit der Mündungskorrektur bei einer stehenden Luftsäule in einem Boomwhacker untersucht werden. Dabei handelt es sich bei der Mündungskorrektur um die Berücksichtigung der Tatsache, dass sich die Reflexionsebene der Schallwelle (ihrer Schallschnellebäuchen bzw. Schalldruckknoten) leicht außerhalb der Röhren befindet. Die Mündungskorrektur ∆L ist abhängig vom Rohrradius R und beträgt für Rohre . Sie ist damit unabhängig von der Rohrlänge mit . Die Idee zu diesem Experiment stammt von Patrik Vogt und Lutz Kasper[1].

Theoretische Zusammenfassung

Bei einem Boomwhacker handelt es sich in erster Linie um einen Resonator für Schallwellen. Die im Boomwhacker durch Anschlagen an eine Kante hervorgerufenen Schallwellen breiten sich im Boomwhacker als ebene Wellen aus und werden an den beiden offenen Enden reflektiert. Die reflektierten Schallwellen überlagern sich innerhalb des Rohres und verstärken oder schwächen sich gegenseitig. Ob eine Frequenz besonders im Resonanzkörper verstärkt wird hängt dabei von der Länge des Rohres mit: ab. Dabei gilt . Mit wird dabei die Ordnung der Resonanzfrequenz bezeichnet, mit die Wellenlänge der zugehörige Tonfrequenz, mit die Schallgeschwindigkeit und mit die dazugehörige Tonfrequenz.

Die Reflexion der Schallwelle an einem offenen Ende geschieht dabei nicht direkt am Ende des Rohres, sondern ist um nach Außen hin verschoben. Diese Verschiebung wird Mündungskorrektur genannnt. Bei der rechnerischen Betrachtung muss deshalb die Rohrlänge pro offenes Ende um verlängert werden. Der Wert der Mündungskorrektur ist nur vom Durchmesser des verwendeten Rohres abhängig. Sie ist für alle Rohrlängen und Frequenzen gleich groß.

Im Jahr 1948 erhielt Julian Schwinger[2] einen theoretischen Wert von .

Kompletter Versuchsaufbau zur Aufnahme des Frequenzspektrums eines Boomwhackers. Bestimmung der Mündungskorrektur. Fotografin: Katharina Stütz
Allgemein
Klassenstufe Klasse 11/12
Kategorie Wellen
Einordnung in den Bildungsplan von BW 3.4.4 (3) / 3.5.4 (3) / 3.6.4 (5)
Klassifikation
Quantitativ/Qualitativ Quantitativ
Demo-/Schülerexperiment Beides möglich
Unterrichtsphase Vertiefungsphase
Einzelversuch/Versuchsreihe Versuchsreihe

Didaktischer Rahmen

Fachdidaktische Zielsetzung

Wird das Experiment als Schülerexperiment durchgeführt können die SuS Ihre experimentellen Fähigkeiten weiter vertiefen. Dazu kann das Spektrum mit einem Smartphone aufgezeichnet werden.

Wird das Experiment alternativ als Demonstrationsexperiment eingesetzt, so vertiefen die SuS hier ihr Verständnis zu Schallwellen als longitudialen Schallwellen und prüfen dabei die theoretische Aussage der Mündungskorrektur.

Nötige Vorkenntnisse

Aus dem Themengebiet der Wellen muss das Konzept einer Welle durch und durch verstanden worden sein. Es muss bekannt sein, dass es sich bei einer Schallwelle um eine Druckwelle handelt und diese als Longitudinalwelle beschrieben werden kann. Weiter muss das Prinzip der Reflexion an einem offenen und einem geschlossenen Ende klar sein. Die Entstehung und Beschreibung einer stehenden Welle bei der Reflexion an einem Ende muss besprochen worden sein. Die Begriffe der Eigenschwingung und der Resonanz müssen bekannt sein und die Formel muss eingeführt worden sein. Sinn und Zweck von Fourier-Spektren müssen bekannt sein.

Mögliche Schülerschwierigkeiten

  • Wird das Experiment als Schülerexperiment durchgeführt muss darauf geachtet werden, dass das jeweilige Weiße Rauschen nicht zu laut abgespielt wird. Die Gruppen sollten sich nicht gegenseitig beeinflussen.
  • Es muss den SuS klar sein, dass Sie die Mündungskorrektur auf beiden Seiten des Boomwhackers beachten müssen.

Schülervorstellungen, die hier relevant werden

Die zentrale Schülervorstellung an dieser Stelle betrifft die Superposition. Dabei gehen die SuS davon aus, dass sich bei der Superposition nur exakt die Maxima addieren. Das restliche Wellenpaket wird ignoriert[3]. Es ist deshalb sehr sinnvoll unter diesem Gesichtspunkt die Entstehung einer stehenden Schallwelle zu wiederholen. Eine weitere hier relevante Schülervorstellung besagt, dass die SuS davon ausgehen, dass bei einer Schallwelle auch Materie transportiert wird. Auf diese Vorstellung sollte ebenfalls in der Wiederholung zu Beginn eingegangen werden.

Versuchsanleitung

Benötigtes Material

  • Boomwhacker in verschiedenen Größen (hier: 36,2 cm; 46,3 cm; 63 cm)
  • Smartphone mit installierter App Phyphox
  • Laborhebebühne / Handyablage
  • Dynamisches Mikrofon
  • Oszilloskop mit FFT
  • Optische Bank
  • Zwei Optische Reiter
  • Zwei Stativklemmen
  • Kabel von XLR auf 2-Pol-6,3mm-Aux (Klinke) für das Mikrofon
  • Zwei Kabel Bananenstecker auf Krokodilklemme
  • Adapter BNC-Anschluss auf Bananenstecker
  • (Alternativ kann ein Adapter von BNC auf 2-Pol-6,3mm-Aux verwendet werden)
  • Ein Kaltgerätekabel

Versuchsaufbau

Schritt 1
Auf der optischen Bank werden zunächst zwei Reiter mit je einer Stativklemme befestigt. Damit wird der verwendete Boomwhacker und das Mikrofon positioniert. Das Mikrofon sollte zum Boomwhacker einen ungefähren Abstand von 1 - 2 cm besitzen.
Schritt 2
Das verwendete Smartphone wird mithilfe einer Laborhebebühne auf die gleiche Höhe gebracht wie der Boomwhacker und das Mikrofon. Der Lautsprecher des Smartphones muss dabei direkt vor dem Eingang des Boomwhackers liegen.
Schritt 3
Das Mikrofon wird hier nun über das zugehörige XLR-Kabel und den Klemmen am 6,3 mm Klinke-Stecker mit dem Oszilloskop verbunden.
Smartphone mit der App "PhyPhox" spielt ein Weißes Rauschen ab. Fotografin: Katharina Stütz
Anschluss des Mikrofons (Klinke 6,3 mm) an das Oszilloskop. Fotografin: Katharina Stütz

Versuchsdurchführung

Um das Experiment durchzuführen muss nun mit dem Smartphone und der App PhyPhox ein Weißes Rauschen abgespielt werden (Audio Spektrum -> Einstellungen). Das Oszilloskop muss so eingestellt werden, dass vom aufgenommenen Signal eine FFT (engl.: fast Fourier transform) angezeigt wird. Um die Peaks im Spektrum ausmessen zu können kann der Cursor verwendet werden. Die Länge des Boomwhackers und der Durchmesser müssen gemessen werden.

Auswertung

Daraus ergeben sich für unsere gemessenen Frequenzen folgende Längen und Längendifferenzen. Die Längendifferenzen entsprechen dabei jeweils der halben Mündungskorrektur, da diese auf beiden Seiten beachtet werden muss.

Messwerte der Resonanzfrequenzen der ersten Ordnung
Länge des Boomwackers L (cm) 36,2 46,3 63
Resonanzfrequenz (Hz) Oszilloskop 437 345 263
Resonanzfrequenz (Hz) PhyPhox 445 351 257
Berechnete Längen und Längendifferenzen
Gemessene Länge des Boomwackers (cm) 36,2 46,3 63
Berechnete Länge (cm) Oszilloskop 39,3 49,7 65,2
Längendifferenz (cm) 3,1 3,4 2,2
Mündungskorrektur (cm) 1,6 1,7 1,1
Berechnete Länge (cm) PhyPhox 38,6 48,9 66,8
Längendifferenz (cm) 2,4 2,6 3,8
Mündungskorrektur (cm) 1,2 1,3 1,9

Verwendet man zur Berechnung der Mündungskorrektur die Formel und verwendet den konstanten inneren Rohrradius von cm dann ergeben sich für die gemessenen Rohrlängen eine Mündungskorrektur von cm.

Fehlerabschätzung

  • Durch Nebengeräusche und Schwankungen der Gerätanzeige können Resonanzfrequenzen nicht genau abgelesen werden.
  • Bei unserer Beobachtung stach ins Auge, dass die Messwerte mit zunehmender Länge des Boomwhackers ungenauer wurden. Für einen Schülerversuch eignen sich daher kurze bzw. mittellange. Diese Tatsache kann durch die folgenden zwei Punkte verbessert werden.
  • Mit einer Verstärkung des Mikrofonsignals wären deutlichere Ausschläge zu erkennen gewesen.
  • Die Intensität des White-Noise-Signals könnte sowohl durch die Nutzung eines Lautsprechers, als auch durch einen Verstärker erhöht werden.


Sicherheitshinweise

Verletzungsgefahr durch herabfallende Smartphones. Diese k¨onnten dabei kaputt gehen und splittern.

Fotos

  • slide 1
        Kompletter Versuchsaufbau zur Aufnahme des Frequenzspektrums eines Boomwhackers. Bestimmung der Mündungskorrektur. Fotografin: Katharina Stütz
    
  • slide 2
         Smartphone mit der App "PhyPhox" spielt ein Weißes Rauschen ab. Fotografin: Katharina Stütz 
    
  • slide 3
         Anschluss des Mikrofons (Klinke 6,3 mm) an das Oszilloskop. Fotografin: Katharina Stütz
    

Literatur

  1. Patrik Vogt, Lutz Kasper (2020): Mündungskorrektur: experimentelle Untersuchung der Längenunabhängigkeit. In: Unterricht Physik: Teilchenphysik. Nr. 180. Friedrich Verlag.
  2. Levine, H., and Schwinger J. (1948). On the radiation of sound from an unflanged pipe. Phys. Rev.
  3. H. Schecker, T. Wilhelm, M. Hopf, R. Duit (Hrsg.) (2018). Sch¨ulervorstellungen und Physikunterricht. Ein Lehrbuch f¨ur Studium, Referendariat und Unterrichtspraxis. Berlin: Springer-Verlag GmbH. S. 200.
88x31.png Universität Stuttgart, 5. Physikalisches Institut, AG Physik und ihre Didaktik, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0