Aktionen

EXP

EXP:Satellitenbahnen bestimmen

Aus Physik und ihre Didaktik Wiki

Projekt: Satellitenbahnen bestimmen

In diesem Projekt wurde mit einfachen Mitteln (CCD-Kamera) ein Experiment entwickelt, um die Flughöhe und Geschwindigkeit eines Satelliten zu bestimmen. Über die Belichtungszeit entsteht eine Lichtspur, die im Zusammenhang mit dem beobachteten Himmelsausschnitt die Winkelgeschwindigkeit ergibt. Über die Gravitationskraft und die Zentripetalkraft kann die Flughöhe bestimmt werden.

Theoretische Zusammenfassung

Die Winkelgeschwindigkeit kann über den überstrichenen Winkel des Satelliten und die eingestellte Belichtungszeit der Kamera berechnet werden. Es gilt:

Ggf. muss der Winkel noch in rad umgerechnet werden. Die Flughöhe des Satelliten kann über das bestehende Kräftegleichgewicht zwischen Zentripetalkraft und Gravitationskraft berechnet werden. Dabei ist die Gravitationskonstante, die Masse der Erde kg und die Masse des Statelliten. Die Bahngeschwindigkeit wird mit bezeichnet. Für die Bahngeschwindigkeit des Satelliten gilt:

Das Kräftegleichgewicht lässt sich zu umformen, wobei sich r aus der Höhe des Satelliten und dem Erdradius zusammensetzt.

Didaktischer Rahmen

Fachdidaktische Zielsetzung

Den Schüler*innen soll die Wechselwirkung zwischen Gravitations- und Zentripetalkraft verständlich gemacht werden. So sollen ihre Fähigkeiten und ihr Verständnis für verschiedene Bezugssysteme erweitern. Zusätzlich kann das Interesse der Schüler*innen durch das Phänomen des Nachthimmels erhöht werden.

Nötige Vorkenntnisse

Den Schüler*innen sollte die Gravitations- sowie die Zentrifugalkraft und deren Zusammenspiel bekannt sein.

Mögliche Schülerschwierigkeiten

Die Schüler*innen könnten Schwierigkeiten haben die rotierenden Bezugssysteme Erde und Satellit zu unterscheiden und ihre eigene Position als Beobachter darin.

Schülervorstellungen, die hier relevant werden

"Im Weltall gibt es keine Schwerkraft." "Die Schwerkraft hebt sich beim Verlassen der Erde auf." Diese Schülervorstellungen kommen vermehrt durch Filme zustande, in denen Astronaut*innen in der Schwerelosigkeit arbeiten. Speziell bei Kreisbewegungen kommt häufig das Präkonzept, dass sich die Bewegungsform dem bewegten Objekt einprägt, vor.

Links ist der Versuchsaufbau zur Bestimmung der Satellitenbahn zu sehen, rechts eine unbearbeitete Aufnahme des Himmels mithilfe der CCD-Kamera.
Allgemein
Klassenstufe Klasse 9/10 bzw. vierstündiger Kurs (Vertiefungsbereich)
Kategorie Astronomie
Einordnung in den Bildungsplan von BW 3.3.5 (S.25-26) bzw. 3.6.7 (S.41)
Klassifikation
Quantitativ/Qualitativ Qualitativ
Demo-/Schülerexperiment Demo- und Schülerexperiment
Unterrichtsphase Erarbeitungsphase
Einzelversuch/Versuchsreihe Einzelversuch

Versuchsanleitung

Benötigtes Material

  • ZWO ASI187MC
  • Stativ
  • USB-Kabel A-B
  • Laptop
  • ggf. Gimp
  • Pythonskript

Versuchsaufbau

Es ist sinnvoll den Versuch nur bei wolkenlosem Himmel aufzubauen. Zudem sollte ein Zeitabschnitt von ca. 40 Minuten nach Sonnenuntergang gewählt werden, da hier die Satelliten noch von den Sonne bestrahlt werden.

Schritt 1
Es wird ein Beobachtungsort gewählt, an dem wenig Lichtverschmutzung herrscht und der Weitwinkel nicht durch Gebäude, Bäume ect. versperrt wird.
Schritt 2
Auf dem verwendeten Laptop ist vorher die benötigte Software (https://www.zwoastro.com/products/asistudio) zum Auslesen der Kamera zu installieren. Die Kamera wird mit dem Laptop verbunden und auf einem Staiv gen Himmel platziert.
Schritt 3
Zur Identifizierung der einzelnen passierenden Satelliten ist es sinnvoll eine App zu verwenden. So kann auch erkannt werden, wann der jeweilige Satellit am Himmel erscheint. Es hat sich die App "Heavens above" als geeignet erwiesen.

Versuchsdurchführung

Zuerst wird das oben genannte Programm auf dem Laptop geöffnet und die ASICap App darin gestartet. Zunächst muss im Steuerungsfeld die verwendete Kamera ausgewählt werden. Es wird eine Belichtungszeit von bspw. 10s eingestellt. Die Verstärkung wird auf einen Kompromiss zwischen Helligkeit und Dunkelheit gebracht. Bevor man mit den Aufnahmen beginnt, sollte der richtige Dateiordner gewählt werden. Mit Hilfe der App wird ein vorbeifliegender Satellit identifiziert. Meist dies mit dem bloßen Auge möglich. Die Aufnahme wird gestartet. Es bietet sich an von einem Satelliten mehrere Aufnahmen hintereinander zu machen, um später einen gemittelten Wert zu bestimmen.

Auswertung

Der Ansatz für das Kräftegleichgewicht bezieht sich jeweils auf den Mittelpunkt der Erde und des Satelliten, beobachtet wird aber an der Oberfläche der Erde. Daher muss der andere Winkel in der folgenden Rechnung berücksichtigt werden.

Der blaue Punkt stellt den Mittelpunkt der Erde dar, der gelbe Punkt beschreibt den Beobachter. Der Beobachtungswinkel ist, wie in der Abbildung zu erkennen, deutlich kleiner als am Mittelpunkt der Erde.

Wie in folgender Abbildung zu erkennen ist, ergibt sich trigonometrisch folgender Zusammenhang:

Wie zu erkennen ist, wird hier nun die Höhe des Satelliten benötigt, welche aber eigentlich bestimmt werden soll. Ein möglicher Ansatz wäre geschicktes Taylorn der Formel, was allerdings analytisch zu aufwendig wird. Mithilfe von Vektorgeometrie kann folgender Zusammenhang aufgestellt werden, was in folgender Abbildung veranschaulicht wird:

Es sind die Vektoren von der Oberfläche der Erde auf den Satelliten und vom Mittelpunkt der Erde auf den Satelliten dargestellt.

Da sowohl die Winkelgeschwindigkeit als auch der Winkel von abhängig sind, muss hier auch die Kreisorbitnäherung

berücksichtigt werden.

An dieser Stelle wird ersichtlich, dass die Winkel- und Kreisorbitabhängigkeit zu berücksichtigen sind und eine analytische Lösung zu aufwendig wäre. Zur Vereinfachung wird auf ein Pythonprogramm zurückgegriffen, das die Höhen abschätzt. Im Unterricht kann es als "Black-Box"-System hingenommen werden. Darin muss die Breite und Länge des Bildes in Pixeln angegeben werden. Zudem ist das aufgenommene Bild der Kamera mit einem 170° Winkel nicht linear, sondern gestreckt. Diese nicht lineare Linsenfunktion muss entsprechend im Skript berücksichtigt werden.

Mithilfe des Skripts konnten folgende Werte für die oben ersichtlichen Satelliten ermittelt werden. Es wurden zwei Bilder in einem zeitlichen Abstand von wenigen Sekunden aufgenommen, um genauere Werte zu ermitteln. Im folgenden werden die Satelliten und der jeweilige Mittelwert aufgelistet.

Messwerte der Flughöhe der Satelliten
in km in km in km in km
SL 2711 362 387 374,5 554
SL 3788 309 324 316,5 546
SL 2712 458 511 484,5 551
Weltraumschrott 354 366 360 --

Es ergeben sich für die obigen Satelliten folgende Abweichung zum Literaturwert.

  • SL 2711: 374,5 km 32,4 %
  • SL 3788: 316,5 km 42,0 %
  • SL 2712: 484,5 km 12,0 %
Im Bild ist zu erkennen, dass sich drei Starlink-Satelliten über das Himmelszelt bewegen. Der markante Streifen kann als Weltraumschrott identifiziert werden.

Fehlerabschätzung

Für den Satellit SL 2711 und 3788 ergeben sich größere Abweichungen. Dies ist auf die nicht lineare Linsenfunktion zurückzuführen, welche vor allem am Rand des Bildes zu einer Stauchung führt. Der Satellit SL 2712 hat eine deutlich kleinere Abweichung, da sich dieser eher im Zentrum des Bildes befindet.

Mögliche Probleme und ihre Lösungen

Die oben beschriebenen Probleme durch die Linsenfunktion können vermieden werden, indem kein Weitwinkelobjektiv verwendet wird. Beim Fokussieren eines kleineren Himmelsausschnitts wird die Linsenfunktion linear.

Literatur



88x31.png Universität Stuttgart, 5. Physikalisches Institut, AG Physik und ihre Didaktik, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0