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EXP:Talbot-Effekt und Nahfeld

Aus Physik und ihre Didaktik Wiki


Allgemein
Klassenstufe Klasse 11/12
Kategorie Leistungskurs
Einordnung in den Bildungsplan von BW Wellenoptik, Interferenz

Theoretische Zusammenfassung

Abbildung 1: Der Talbot-Effekt dargestellt anhand des Talbot-Teppichs, welcher durch Auftragen der Helligkeitsverteilung gegenüber der Entfernung vom Beugungsobjekt (hier ein Vierfachspalt) entsteht [1].

Der Talbot-Effekt tritt im Nahfeld einer Beugung an einem Beugungsgitter oder einem Mehrfachspalt auf. Die Helligkeitsverteilung entspricht bei Vielfachen der Talbot-Länge der Abbildung des Beugungsobjekts. Bei einer Entfernung von einer halben Talbot-Länge kann eine Abbildung des Beugungsobjekts beobachtet werden, welche um eine halbe Periode verschoben ist. Auch bei Bruchteilen der Talbot-Länge sind Abbildung des Beugungsobjekts zu erkennen, welche allerdings eine geringere Periode aufweisen. So ist die Periode der Abbildung bei einer viertel Talbot-Länge halb so hoch, wodurch doppelt so viele Spalten zu erkennen sind. Wird die Helligkeitsverteilung im Nahfeld gegen die Entfernung aufgetragen, erhält man einen sog. Talbot-Teppich, welcher in Abbildung 1 dargestellt ist.

Die Talbot-Länge kann, wenn die Wellenlänge klein gegenüber dem Gitterabstand ist, durch die Formel

berechnet werden. Der allgemeingültige Ausdruck lautet:

Didaktischer Rahmen

Fachdidaktische Zielsetzung

Aus dem Physikunterricht in der Oberstufe kennen Schüler und Schülerinnen (SuS) nur das Interferenzbild nach einem Doppelspalt, Dreifachspalt, Gitter, ... im Fernfeld. Mit diesem Experiment soll ihnen gezeigt werden, wie sich das Beugungsbild im, für sie bisher unbekannten, Nahfeld verhält. Dabei geht es primär darum, die Unterschiede zwischen Nah- und Fernfeld aufzuzeigen. Die Behandlung des Talbot-Effekts dient der Veranschaulichung der Periodizität im Nahfeld. Das Ziel dieses Versuchs ist es aber keineswegs das Zustandekommen des Interferenzbilds im Nahfeld vollständig zu verstehen. Das Experiment kann theoretisch sowohl als Schülerversuch als auch als Demonstrationsexperiment durchgeführt werden. Auf Grund von Materialanforderungen, sowie der Aufbau- und Durchführungszeit eignet es sich aber besser als Demonstrationsexperiment an einem vorbereiteten Aufbau.

Nötige Vorkenntnisse

Sinnvollerweise wird dieses Experiment nach der Behandlung von Interferenzbildern im Fernfeld durchgeführt. Die SuS, sollten damit also schon vertraut sein. Die SuS wissen also über die Wellennatur von Licht bescheid, kennen das Huygenssche Prinzip und können das Zustandekommen von Interferenzbildern im Fernfeld beschreiben und Erklären.

Schülervorstellungen, die hier relevant werden

SuS haben häufig Probleme mit der Superposition von Wellen [2]. Sie verstehen unter Interferenz nur die Extremfälle (das völlige Auslöschen oder völliges Überlagern). Dass destruktive Interferenz auch zu Abschwächung führen kann, ist für Lernende nicht verständlich.

Zudem gehen SuS oft davon aus, dass Beugung von Berechnung oder von Reflexion kommt. Ihnen ist nicht klar, dass Beugung und Interferenz andersartige Phänomene als Brechung und Reflexion sind. Es kann auch sein, dass die SuS denken dass jeder Spalt beim Doppelspalt das gleiche Interferenzbild erzeugt. Sie vermischen das Modell von zwei interferierenden Elementarwellen an einem Doppelspalt mit dem Modell vieler interferierender Elementarwellen entlang der Breite des Einzelspalts.

Versuchsanleitung

Benötigtes Material

  • optischer Tisch
  • Laser (bspw. = 510-550 nm)
  • Schirm
  • 2 x Linsen (bspw. = 250, = 50 mm)
  • Lochblende
  • Gitter, Mehrfachspalt und/oder Doppelspalt (bspw. = 0,25 mm)
  • Gitterhalterung
  • Intensitätsfilter
  • Translation Stage
  • optische Bank
  • Posts, Postholder und Schrauben
  • CCD-Kamera
  • Laptop oder sonstiges mit ASIStudio
Abbildung 2: Bild des benötigten Materials. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss

Versuchsaufbau

Laser, Polarisationsfilter, erste Linse, Lochblende, zweite Linse und Gitterhalterung werden in dieser Reihenfolge in einer Höhe und Linie auf einem optischen Tisch befestigt. Dabei wird mit den Linsen begonnen, die so eingestellt werden, dass der Laserstrahl möglichst parallel ist. Die erste Linse dient der Aufweitung des Strahls und sollte eine geringe Brennweite haben. Die zweite Linse dient dazu, den divergenten Laserstrahl zur Parallelität zu bringen. Ob der entstehende Laserstrahl parallel ist, kann überprüft werden, indem der Durchmesser des Laserstrahls nahe hinter der zweiten Linse mit dem Durchmesser in größerer Entfernung (einige Meter) verglichen wird. Der Durchmesser sollte sich nicht mit steigender Entfernung möglichst nicht verändern. Zur Justierung können die Abstände zwischen den Linsen sowie deren Brennweiten verändert werden. Anschließend kann die Lochblende hinter der ersten Linse in den Brennpunkt des Laserstrahls positioniert werden. Direkt hinter der zweiten Linse kann die Gitterhalterung befestigt werden. Der Intensitätsfilter wird nur bei sehr empfindlichen Kameras benötigt, und kann irgendwo in den Strahlengang gesetzt werden. Es eignet sich, den Aufbau möglichst klein zu halten, da dann mehr Platz zur Verschiebung der Kamera besteht. Die Kamera selbst kann entweder auf einer Translation Stage (Abbildung 3) oder einer optischen Bank (Abbildung 4) befestigt werden. Die Translation Stage eignet sich für präzisere Abstandsmessungen, deckt aber keine so große Strecke ab wie die optische Bank.

Abbildung 3: Aufbau mit Translation Stage. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss
Abbildung 4: Aufbau mit optischer Bank. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss

Versuchsdurchführung

Als erstes wird der Laser eingeschaltet und die Messung wird mit dem Aufbau in Abbildung 3 durchgeführt. Dabei wird die CCD-Kamera auf der Translation Stage, die so nah wie möglich vor dem Gitter positioniert wurde, in 1 mm Abständen von dem Gitter weg bewegt, bis das Ende der Stage erreicht wird. Bei der Wahl des Gitters kann ein Doppelspalt, ein Dreifachspalt, ein Vierfachspalt oder ein Gitter verwendet werden. Für eindeutige Ergebnisse wird empfohlen, einen Doppel- oder Dreifachspalt zu verwenden. Sobald die CCD-Kamera um 1 mm von dem Gitter entfernt wurde, wird mit der ASICap-Funktion in ASIStudio ein Bild gespeichert. Für einen deutlichen Kontrast sollten die Exposure auf 32 μs und der Gain auf 0 gestellt werden. Damit man den ganzen Bereich und den Übergang vom Nah- zum Fernfeld beobachten kann, wird die Translation Stage mit der optischen Bank ausgetauscht. Erneut wird die Kamera so nah wie möglich vor dem Gitter positioniert und in 0,5 cm Schritten von dem Gitter wegbewegt. Genauso wie zuvor wird das auf dem Laptop zu sehende Beugungsbild mit ASICap aufgezeichnet.

Auswertung

Die Talbot-Länge beträgt für den verwendeten Laser mit einer die Wellenlänge von ca. 530 nm und einem Gitter mit dem Gitterabstand = 0,25 mm gleich

Der Versuch wurde für verschiedene Gitter durchgeführt, sowie für einen Doppel-, Dreifach- und Vierfachspalt. Bei den verwendeten Gittern und dem Vierfachspalt ist der Talbot-Effekt nicht eindeutig auf den aufgenommenen Bildern zu erkennen, da es zu vielen Überlagerungen von Maxima und Nebenmaxima kommt. Deshalb werden im Folgenden nur die Ergebnisse des Doppelspalts und des Dreifachspalts präsentiert.

Für den Doppelspalt ist in Abbildung 5 die Intensitätsverteilung für den gesamten gemessenen Bereich von einem Abstand von 1,5 cm bis 50 cm zum Spalt dargestellt.

Abbildung 5: Bilder der Intensitätsverteilung der Beugung des Lasers (= 510-550 nm) an einem Doppelspalt (: = 0,25 mm). Die Entfernung zum Gitter beginnt bei 1,5 cm und erhöht sich in 0,5 cm Schritten auf 50 cm. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss

In den Abbildungen 6-10 wird der Talbot-Effekt genauer untersucht. Bei einer Entfernung von 1,5 cm ist noch die Abbildung des Doppelspalts, also zwei große Intensitätsmaxima zu erkennen. Allerdings treten bereits intensitätsschwächere Nebenmaxima auf, wie in Abbildung 6 im linken Bild zu erkennen ist. In Abbildung 6 ist rechts das Beugungsbild bei einem Gitter-Kamera-Abstand von 6 cm, was ungefähr einem Viertel der Talbot-Länge entspricht, dargestellt. Hier verdoppelt sich die Anzahl der Intensitätsmaxima auf vier und anstatt dem vorherigen Minimum liegt ein Maximum im Zentrum des Beugungsbilds. Bei einem Drittel der Talbot-Länge, also bei einem Abstand von 8 cm, sollte sich die Anzahl der Intensitätsmaxima verdreifacht haben. Dies lässt sich im linken Bild in Abbildung 7 allerdings nur erahnen und nicht eindeutig nachweisen. Daraus folgt, dass ein Abstand von 8 cm nicht genau einem Drittel der Talbot-Länge entspricht. Allerdings ist, wie zu erwarten, erneut ein Maximum im Zentrum der Intensitätsverteilung zu erkennen. Im rechten Bild in Abbildung 7 ist das Beugungsbild bei der halben Talbot-Länge abgebildet. Dies entspricht einem Gitter-Kamera-Abstand von 12 cm. Wie zu erwarten ist das Negativbild des Doppelspalts in Abbildung 6 links, also zwei klare Minima, sichtbar. Bei der Talbot-Länge von ca. 24 cm wird die Intensitätsverteilung in Abbildung 8 links aufgezeichnet. Zu erwarten wären zwei deutliche Intensitätsmaxima, die das Abbild des Doppelspalts bilden. Dies ist allerdings nicht erkennbar. Stattdessen ähnelt das Beugungsbild der Fernfeld-Aufzeichnung aus Abbildung 8 rechts bei einem Abstand von 30 cm. Deshalb wird davon ausgegangen, dass hier bereits das Interferenzmuster des Fernfelds zu erkennen ist. Bei weiterer Vergrößerung der Entfernung ändert sich die Intensitätsverteilung kaum noch.

Abbildung 6: Intensitätsverteilung bei einer Entfernung von 1,5 cm (links) und 6 cm (rechts) vom Doppelspalt. Letzteres entspricht ungefähr einem Viertel der Talbot-Länge. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss
Abbildung 7: Intensitätsverteilung bei einer Entfernung von 8 cm (links) und 12 cm (rechts) vom Doppelspalt, was ungefähr einem Drittel und der Hälfte der Talbot-Länge entspricht. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss
Abbildung 8: Intensitätsverteilung bei einer Entfernung von 24 cm (links) vom Doppelspalt, was ungefähr der Talbot-Länge entspricht. Die Entfernung auf dem Bild der rechten Seite ist 30 cm, was ungefähr dem Beginn des Fernfelds entspricht. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss

Für den Dreifachspalt ist in Abbildung 10 die Intensitätsverteilung für den gesamten gemessenen Bereich von einem Abstand von 1,5 cm bis 50 cm zum Spalt dargestellt.

Datei:Talbot-Effekt und Nahfeld Auswertung Dreifachspalt-Gif.gif.gif
Abbildung 9: Bilder der Intensitätsverteilung der Beugung des Lasers ( = 510-550 nm) an einem Dreifachspalt ( = 0,25 mm). Die Entfernung zum Gitter beginnt bei 1,5 cm und erhöht sich in 0,5 cm Schritten auf 50 cm. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss

In den Abbildungen 13-15 wird der Talbot-Effekt genauer untersucht. Bei einer Entfernung von 1,5 cm ist noch die Abbildung des Spalts, also drei große Intensitätsmaxima zu erkennen. Allerdings treten bereits kleinere Nebenmaximas auf. Bei einer Entfernung von 6 cm, also ungefähr Viertel der Talbot-Länge, sollte sich die Anzahl der Intensitätsmaxima verdoppelt haben, also 6 betragen. Außerdem sollte ein Minimum in der Mitte liegen, was auch zu erahnen ist. Die Anzahl der Maxima auf dem Bild ist allerdings höher als 6, was darauf hinweist, dass die Entfernung nicht genau einem Viertel von entspricht. Bei einer Entfernung von 8 cm, also ungefähr einem Drittel der Talbot-Länge, sollte sich die Anzahl der Intensitätsmaxima verdreifacht haben, also 9 betragen. Außerdem sollte wieder ein Maxima in der Mitte liegen, was auch der Fall ist. Die Anzahl der Maxima entspricht ungefähr 9. Allerdings treten auch sehr schwache Nebenmaxima an den Rändern auf, welche hier nicht dazugezählt werden. Bei einer Entfernung von 12 cm, also ungefähr der Hälfte der Talbot-Länge, sollte sich ein Negativbild des Spalts zeigen. Es ist auch zu erkennen, dass anstelle der drei Hauptmaxima nun drei große Minima getreten sind. Allerdings bilden sich auch hier einige Nebenmaxima heraus, wodurch dies keine exakte Negativabbildung des Dreifachspalts ist. Bei einer Entfernung von 24 cm, was ungefähr der Talbot-Länge entspricht, sollte ein Abbild des Dreifachspalts ausbilden. Es sind auch drei große Hauptmaxima zu erkennen, allerdings treten wie zuvor beschrieben, wieder einige Nebenmaxima auf. Letztlich bildet sich ab ca. 30 cm das Fernfeld aus. Es entsteht ein großes Hauptmaxima in der Mitte, gefolgt von einem Nebenmaxima, bis das Hauptmaxima nächster Ordnung auftritt. Bei weiterer Vergrößerung der Entfernung ändert sich die Intensitätsverteilung kaum noch.

Abbildung 10: Intensitätsverteilung bei einer Entfernung von 1,5 cm (links) und 6 cm (rechts) vom Dreifachspalt. Letzteres entspricht ungefähr einem Viertel der Talbot-Länge. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss
Abbildung 11: Intensitätsverteilung bei einer Entfernung von 8 cm (links) und 12 cm (rechts) vom Dreifachspalt, was ungefähr einem Drittel und der Hälfte der Talbot-Länge entspricht. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss
Abbildung 12: Intensitätsverteilung bei einer Entfernung von 24 cm (links) vom Dreifachspalt, was ungefähr der Talbot-Länge entspricht. Die Entfernung auf dem Bild der rechten Seite ist 30 cm, was ungefähr dem Beginn des Fernfelds entspricht. Fotografen: Ben Schur, Jennifer Heiss

Fehlerabschätzung

Mögliche Probleme und ihre Lösungen

Wenn die Kamera auf der optische Bank verschoben wird, sieht man, dass der Laserstrahl nicht komplett parallel verläuft, sondern leicht nach unten abfällt. Dadurch kann das Beugungsbild nicht mehr von der CCD-Kamera aufgezeichnet werden, wenn sie bei ca. 50 cm positioniert wird. Dies kann durch Justage des Lasers und der eingesetzten Linsen behoben werden.

Sicherheitshinweise

  • Blicke niemals direkt in den Laserstrahl!
  • Reflektierende Oberflächen sollten in der Nähe des Lasers vermieden werden. Reflektiertes Laserlicht, auch wenn es gestreut ist, kann zu einer Schädigung der Augen und der Haut führen. Insbesondere ist darauf zu achten, dass reflektierender Schmuck (Ringe, Uhren, etc.) vor Beginn der Arbeit mit dem Laser abgelegt wird.
  • Verwende Beamblocker zur Justage der optischen Elemente.
  • Alle Elemente im Strahlengang müssen gegen Herunterfallen gesichert werden (Spiegel, Linsen, Halterungen usw.). Alle Optiken müssen auf dem optischen Tisch fixiert werden, bevor das Laserlicht auf sie trifft.

Literatur

  1. https://en.wikipedia.org/wiki/Talbot_effect
  2. Schecker, Horst; Wilhelm, Thomas; Hopf, Martin; Duit Reinders (Hrsg.) (2018): Schülervorstellungen und Physikunterricht. Berlin: Springer-Verlag GmbH