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EXP:Temperaturen von Sternen mit einfachen Mitteln bestimmen

Aus Physik und ihre Didaktik Wiki


Über das Wiensche Verschiebungsgesetz lassen sich Temperaturen von Schwarzkörpern bestimmen. Sterne können grob als Schwarzkörper genähert werden. Dieses Experiment stellt eine Möglichkeit dar, kostengünstig und mit häufig verfügbaren Mitteln das Plansche Strahlungsgesetz zu bestätigen beziehungsweise über die scheinbare Helligkeit von Sternen die Temperatur der Sternoberfläche zu bestimmen. Wird mit dieser Methode eine Sternhaufen fotografiert, können die ermittelten Temperaturen in ein Hertzsprung-Russel-Diagramm eingetragen werden.

Theorie

Das Wiensche Verschiebungsgesetz lässt sich aus dem Planckschen Strahlungsgesetz herleiten und verknüpft das Maximum der emittierten Wellenlängen eines Schwarzkörpers mit der Temperatur des Körpers. Es lässt sich wie folgt formulieren:

Dabei wird die Temperatur in Kelvin angegeben und die Einheit direkt gekürzt.


Aus der scheinbare Helligkeit eines Sternes lässt sich über Helligkeitsmessungen bestimmen und wird in Magnituden angeben. Zugrunde liegt eine logarithmische Skala, die an das Auge des Menschen angepasst wurde. Hierfür wird die Lichtintensität des Sterns mit der Intensität eines Vergleichsterns verrechnet.

Aus den scheinbaren Helligkeiten lässt sich der sogenannte B-V-Index bestimmen:

Hierfür werden zwei Bilder mit zwei verschiedenen Farbfiltern aufgenommen. Einmal ein blauer Filter und ein grüner Filter. Da es sich um eine relative Messung handelt, entfällt die Bezugsmessung einer Bezugshelligkeit eines bestimmten Sterns. Dies verkürzt zum Einen den Messprozess am Beobachtungsabend, da keine Referenzsteren fotografiert werden müssen. Zusätzlich spart es einen wesentlichen Arbeitsschritt bei der Auswertung. Je nach verwendetem Filtersystem und Farbbereichen lassen sich unterschiedliche Farbindizes bestimmen und verschiedene weitere Untersuchungen anstellen, wie zum Beispiel die Extinktion durch Staub mit Rotfiltern. Weit verbreitet ist das UBV-System. Photometrische Messungen lassen sich einfacher auswerten und aufnehmen als spektrale Messungen. Da der B-V-Index spezifisch für einzelne Temperaturen ist, lassen sich dadurch Temperaturen empirisch bestimmen.


Für die Sterntemperatur lässt sich die Näherungsformel

verwenden, wobei B-V den B-V-Index darstellt.

Vereinfachte Darstellungen zweier verschiedener Spektren und gemessenen Intensitäten mit zwei verschiedenen Farbfiltern. Die Farbfilter weisen in dieser Vereinfachung kein besonderes Transmissionsverhalten auf, wie es normale Filter haben würden.
Vereinfachte Darstellungen zweier verschiedener Spektren und gemessenen Intensitäten mit zwei verschiedenen Farbfiltern. Die Farbfilter weisen in dieser Vereinfachung kein besonderes Transmissionsverhalten auf, wie es normale Filter haben würden.

Idee des Versuchs

Eine Farbkamera ist im Grunde genommen eine Schwarz-Weiß-Kamera mit Farbfiltern vor jedem Pixel. Vier Pixel bilden in Kombination ein Farbpixel. In dieser Variante der B-V-Index-Bestimmung macht man sich zu Nutze, dass die verwendeten Farbfilter einer handelsüblichen Kamera sehr nah am Transmissionsverhalten der UBV-Filter liegen. Mit entsprechenden Kalibrierungesmessungen lassen sich auch abweichende Filter nachträglich noch etwas angeleichen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Es müssen keine teuren Filter udn Adapter extra gekauft werden. Eine Kamera ist meist irgendwo aufzutreiben. Dies ermöglicht einen einfachen Einstieg mit wenig bis keinem kompliziertem Material.

Typisches Farbpattern (Bayer-Matrix) einer Farbkamera.

Benötigtes Material

  • Kamera (mit Raw-Speicherung der Bilder, manuellem Modus und manuellem Fokus)
  • Kameraobjektiv, ca. 150 mm
  • Kamerastativ
  • Computer
  • Programm zur Auswertung: Fitswork

Versuchsdurchführung

Der eigentliche Versuch beschränkt sich auf die Fotografie von Sternen oder gleich eines Sternhaufens. Es ist zu empfehlen mehrere Bilder mit verschiedenen Einstellungen aufzunehmen.

Wichtige Hinweise:

  • Die Sterne dürfen nicht in Sättigung sein. Häufig erkennt man auf dem Kameradisplay die Sterne nicht einmal. Wird die ISO-Empfindlichkeit erhöht, bis man die Sterne auf dem Display sieht, sind sie meist bereits in Sättigung, also überbelichtet.
  • Je größer der ISO-Wert, desto kürzer kann die Belichtungszeit sein, desto größer wird aber auch das Rauschen.
  • Die Belichtungszeit sollte nicht zu lang gewählt werden und hängt von der verwendeten Brennweite, dem Öffnungsverhältnis des Objektivs und der ISO-Empfindlichkeit ab. Zu lange Belichtungszeiten führen unweigerlich zu Strichspuren der Sterne, was die einfache Auswertung erschwert.
  • Die Blende sollte maximal geöffnet sein.
  • Auf jeden Fall die Bilder auch im RAW-Format abspeichern. Eine Kompression könnte zum Verlust wichtiger Bildinformationen führen.
  • Der passende Fokus ist ebenfalls sehr wichtig. Hierfür wird Fingerspitzengefühl und Zeit erfordert, wenn dieser manuell eingestellt werden muss.

Brauchbare Ergebnisse konnten mit einer Canon 70D, einer Brennweite von 150 mm, einer Blendenzahl von f/5,6 und ISO-Werten zwischen 800 und 1600 erzielt werden. Belichtet wurde zwischen 1 s und 20 s. Dabei konnten die Plejaden M54 und der Doppelsternhaufen h und chi Persei aufgenommen werden. Die Bilder sind zwar verrauscht, aber nutzbar.

Auswertung

Helligkeiten bestimmen

Die wichtigsten Arbeitschritte in Fitswork:


Schritt 1 Als erstes muss das Bild geöffnet werden. Hierfür wird das Bild in das Programm gezogen oder über Datei geöffnet. Da auf jeden Fall unkomprimierte RAW-Dateien bearbeitet werden sollten, ist der Download des RAW-Packets für Fitwork auf der Programmhomepage erforderlich. Die DLL für RAW-Dateien muss anschließend im Programmordner entpackt werden. Zusätzlich muss intern im Programm in der oberen Zeile auf RGB umgestellt werden.


Programmoberfläche von Fitswork mit dem Doppelsternhaufen h und Chi Persei.

Schritt 2

Da das Bild wahrscheinlich recht verrauscht sein wird, sollte das Bild vor der Helligkeitsbestimmung mit folgenden Schritten bearbeitet werden:

  • Rauschfilter
  • Glätten
  • Schärfen
  • Zurechtschneiden

Diese Schritte sind nicht zwangsweise erforderlich können aber bei der Bearbeitung später helfen.

Verschiedene Filter sind über Bearbeiten abrufbar.

Schritt 3 Die einzelnen Pixel werden nicht nur addiert, sondern der Stern wird mit einer Gaußfunktion gefittet. Das Integral über diesen Fit wird anschließend in eine Magnitude umgerechnet. Dies ermöglicht auch die Helligkeitsbestimmung, wenn der Stern überbelichtet ist.

  • Stern mit dem Cursor anvisieren
  • Auf "L" dürcken (Lock)
  • (optional zweiten Stern auswählen und "M" drücken für die relative Magnitude.
  • Wechseln zwischen Rot-, Grün-, Blau-Kanälen möglich
  • Die scheinbare Helligkeit wird in mag bezüglich der 0, also absoluter Dunkelheit, angegeben und ist daher negativ.
  • Über das Feld "T" rechts am Programmfenster lassen sich Markierungen im Bild setzen.
  • Über "Einstellungen" > "Verschiedenes" > "L PSF Infos zusätzlich zu einem separaten Fenster anzeigen" lassen sich die Helligkeiten in einer Tabelle speichern. Aus dieser können die Werte einfach herauskopiert werden.
  • Doppelklick auf das Sternbild oben rechts zeigt den Gaußfit des Programms am Stern.
3 Helligkeitsbestimmungen der RGB-Farbkanäle über Gaußfits.

Sterntemperaturen bestimmen

Sind die B-V-Indizes erst einmal bestimmt, lassen sich die Werte von Hand, Excel oder einer beliebigen Programmiersprache wie Python, über obige Näherungsformel einfach in Temperaturen umrechnen.

Eintragen in ein Farben-Helligkeits-Diagramm

Sollen die Werte in ein FH-Diagramm eingetragen werden, ist eine Bestimmung der absoluten Helligkeit erforderlich. Entweder man berechnet diese über die Parallaxe mit Hilfe von Literatur, oder bestimmt die scheinbare Gesamthelligkeit. Der Schritt zur absoluten Helligkeit stellt nur eine Skalierung bzw. Verschiebung der y-Achse dar und ist daher eigentlich nur für die quantitative Interpretation der y-Achsenskalierung erforderlich und kann daher im einfachsten Fall ignoriert werden. Für die scheinbare Gesamtheligkeit sind einzelne Farbinformationen nicht erwünscht. Daher bietet es sich an das Bild in ein schwarz-weiß-Bild umzuwandeln und die Helligkeit mit bereits bekannter Methode zu bestimmen.

Fortgeschrittene Varianten und Verbesserungen

  • Rauschreduktion durch Dunkelbildsubtraktion (Darks)

Um das Bildrauschen zu reduzieren ist ein Bild, besser jedoch eine Bilderserie bei abgedecktem Objektiv, mit den selben Einstellungen, wie die verwendeten, aufzunehmen. Gleiche Parameter sind Belichtungszeit, ISO und Temperatur, weshalb die Darks noch vor Ort gemacht werden sollten. Mit Fitswork können die Dunkelbilder (Darks) vom Originalbild abgezogen werden. Wenn eine Bilderserie aufgenommen wurde kann ein Masterdark erstellt werden (gemitteltes Dunkelbild) und ebenfalls subtrahiert werden.

  • Rauschreduktion durch Bildüberlagerung (Stacking)

Um die scheinbare Belichtungszeit zu erhöhen, ohne jedoch eine Nachführung zu benötigen, können mehrere Bilder mit kurzer Belichtungszeit aufgenommen werden. Im Anschluss werden die Bilder überlagert (gestackt). Resultat: weniger Strichspuren, hellere Objekte

  • Eine Nachfühhrung verwenden

Anstelle eines Stativs eine Teleskop oder Kameranachführung verwenden. So kann die Belichtungszeit erhöht und gleichzeitig der ISO-Wert gesenkt werden, was wiederum das Rauschen reduziert.

  • Quanteneffizienz des Sensors einberechnen

Die Sensoren, sowie die Farbfilter vor den Pixeln, weisen eine wellenabhängige Transmission bzw. Detektionswahrscheinlichkeit auf. Die Kamera ist also spektral unterschiedlich empfindlich, was bei einer spektralen Auswertung der Bilder einen wesentlichen Fehlerbeitrag liefert. In anderen Worten: Die vorgestellte Methode ist ohne eine entsprechende Korrektur nur zu einem Teil eine Messung der Sternfarbe sondern wesentlich auch eine Empfindlichkeitsmessung der Kamera. Wenn dies bereits vom Hersteller korrigiert wird, sollte dies keine Schwierigkeiten machen. Ansonsten müssen Referenzmessungen von bekannten Quellen und Intensitäten gemacht werden, oder aus den Datenblättern die spektrale Empfindlichkeit des Chips herausgefunden werden. Die gemessene Intensität muss mit der Empfindlichkeiten dividiert werden.

Grenzen der Temperaturbestimmung

Gerade im kalten, roten Bereich stimmen die gemessenen Werte weniger mit den Literaturwerten überein, was zu großen Ungenauigkeiten führt.

88x31.png Universität Stuttgart, 5. Physikalisches Institut, AG Physik und ihre Didaktik, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0